Nach einer unglaublich langen Wartezeit habe ich nun einen Arbeitsvertrag bei der humanen Firma „WISAG“ unterschrieben. Es handelt sich hier um eine Teilzeitbeschäftigung (drei Stunden täglich von Montag bis Freitag) insgesamt 60 Stunden im Monat für einen Stundenlohn von 9.00 Euro Brutto.
Meinen Arbeitsvertrag habe ich am 02.01.2013 unterzeichnet und wartete auf die offizielle Aushändigung des Vertrages. Zu meinem Erstaunen erhielt ich zuerst eine offizielle Kündigung. Kurze Zeit später kam auch der Arbeitsvertrag für den ich nun keine große Verwendung hatte. Mein Arbeitsgebiet war ein großes Gebäude eines bekannten Unternehmens (3.500 Quadratmeter). In den ersten zwei Wochen mussten drei Personen nach einem bestimmten Arbeitskonzept, dieser umfangreichen Arbeit in drei Stunden gerecht werden. Trotz des Konzeptes war es täglich notwendig über vierzig Minuten länger zu arbeiten, ohne dafür bezahlt zu werden.
Aus drei mach zwei – unbezahlte Mehrarbeit
Nach zwei Wochen trat eine Änderung in der Hierarchie ein. Der neue Leiter kam zu dem Entschluss, dass für dieses Arbeitsfeld keine drei Arbeitskräfte benötigt werden. Der neue Plan lautete: „Anstatt den bisherigen neun Arbeitsstunden nur noch acht und anstatt drei Arbeitskräften nur noch zwei.“ Dadurch versuchte der neue Leiter der Taktik des Unternehmens entgegen zu kommen. Das bedeutet: Arbeitskräfte noch mehr unter Druck zu setzen, bis sie sich vor Erschöpfung nicht mehr auf den Beinen aufrecht halten können. Selbstverständlich setzte der neue Plan utopische Maßstäbe, die nicht einzuhalten sind. Einzige Möglichkeit wäre, wie gewünscht, täglich drei Stunden unbezahlt zu arbeiten. Zusätzlich muss noch erwähnt werden, dass es nicht selten vorkommt in diesem Unternehmen die Rolle des Springers einzunehmen. Das heißt: Falls in einem Gebäude eine Arbeitskraft fehlt, muss man seinen Arbeitsplatz verlassen und diese Stelle ausfüllen (auch wenn es sich um eine Stunde Vertretung handelt). Natürlich werden die Kosten für die Fahrtzeit sowie Benzinkosten, weil man ja mit dem eigenen Auto fahren muss, nicht erstattet. Diese Arbeitsbedingen konnte ich aus verständlichen Gründen nicht akzeptieren und habe mich geweigert.
Betriebsrat stimmte Kündigung zu
Drei Tage nach meiner Weigerung erhielt ich die Kündigung, sogar mit Zustimmung des Betriebsrates. Ich konnte die Arbeit nicht vor dem 06.02.2013 niederlegen, und dem bin ich auch nachgekommen. In dieser Zeit hatten sich die schon unmenschlichen Arbeitsbedingungen nur noch mehr für mich verschlechtert. Ich war bis zum 06.02.2013 gezwungen die doppelte Arbeit zu verrichten und vor Müdigkeit in meine Wohnung zu torkeln. Die anderen Kollegen, die neu waren und die deutsche Sprache kaum beherrschten, haben täglich drei bis vier unbezahlte Überstunden gemacht. Die Angst seine Arbeit zu verlieren ist so groß, dass man es in Kauf nimmt (besonders als Fremder mit ziemlich begrenzten Rechten) unter unmenschlichen Voraussetzungen, in unseren kultivierten und fortschrittlichen Europa, zu arbeiten.
Mehr Profit durch rechtlose Arbeiter
Besonders mit der neuen Migrationswelle aus den Peripherieländern des europäischen Südgürtels, deren Ursachen in der kapitalistischen Krise liegen, werden sich die Arbeitsverhältnisse so zurückentwickeln, wie zu längst vergessene Zeiten, in denen der Arbeitnehmer ein rechtloses Individuum war. Die Not der Arbeitssuchenden wird sowohl von der deutschen Politik, als auch von den Unternehmen sehr gerne gesehen, da sie nur noch mehr Profit durch billige rechtlose Arbeitskräfte bedeutet. Diese Ausbeutung muss gestoppt werden. Diese am Kapital orientierte Politik ist kein Naturgesetz! Sie ist von Menschenhand erschaffen und kann von Menschen verändert werden. Deutsche Arbeitnehmer, deren Zukunftsperspektiven ebenso deprimierend sind (siehe Leiharbeit, Werkverträge usw.), sollten sich mit den Opfern der europäischen Verelendungspolitik anderer Länder solidarisieren und gemeinsam den Kampf beginnen. Der Kampf bzw. der Protest kann verschiedene Formen einnehmen, wie z.B. Arbeits- und Bürgerbewegungen in verschiedenen Gemeinden, Städten, Betrieben, Unternehmen sowie Vereinen.
Ausgehend sowohl von den Nöten als auch von den Bedürfnissen der heutigen Arbeiterfamilien und Arbeitnehmer generell ist die Forderung nach festen Arbeitsplätzen, Löhnen, die nicht nur das Existenzminimum sichern, keine Privatisierung der Bildung, Kindergartenplätze, keine Kürzungen im Krankenversicherungs- und Sozialwesen usw. mehr als notwendig.